Die VerbundVolksbank OWL versteht nachhaltiges und damit auch generationengerechtes Handeln als permanenten Entwicklungsprozess. 2021 hat sie in diesem Zuge das Projekt „Nachhaltigkeit“ ins Leben gerufen und im vergangenen Jahr übernahm Gregor Lienen die Funktion als Nachhaltigkeitsmanager. Welche Strategie die VerbundVolksbank OWL im Bereich der Nachhaltigkeit verfolgt und welche Maßnahmen sie ergreift, um schon heute Verantwortung für die Herausforderungen von morgen zu übernehmen, erfahren Sie im Interview.
Herr Lienen, hätten Sie als Jugendlicher auch an den „Fridays-for-Future“-Demonstrationen teilgenommen, an denen sich weltweit Millionen von Schülerinnen und Schülern beteiligen?
Als Jugendlicher war ich möglicherweise weniger mit den Auswirkungen der Klimakrise beschäftigt, sondern eher mit meinem Motorroller, Reisen und meinem Freundeskreis. Jedoch bin ich der Meinung, dass es nie zu spät ist, Verantwortung zu übernehmen und sich für eine bessere Zukunft einzusetzen. In meiner Tätigkeit als Nachhaltigkeitsmanager kann ich mich mit Leidenschaft und Überzeugung für eine nachhaltige Zukunft engagieren und meinen Teil zum Klimaschutz beitragen. Ich bin mir der Bedeutung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz als gesamtgesellschaftliche Herausforderung nun noch stärker bewusst und unterstütze daher gerne Initiativen wie „Parents for Future“, um meine Verantwortung als Vorbild und Vater wahrzunehmen und mich für eine bessere Zukunft einzusetzen.
Nachhaltigkeit wird vor allem mit Themen wie Plastikreduzierung, dem Kohleausstieg und Elektromobilität assoziiert. Aber: Welche Bedeutung kommt der Finanzbranche, insbesondere Banken, zu?
Die Bedeutung der Finanzbranche für eine nachhaltige Entwicklung ist enorm. Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein. Dies erfordert Investitionen in bisher nie gekanntem Ausmaß. Die Bankenbranche wird mit ihrer Schlüsselposition im Wirtschaftskreislauf als Finanzierer der nachhaltigen Transformation gefordert, indem sie gezielt Finanzmittel für nachhaltige Projekte bereitstellt. In dieser Vermittlerrolle nehmen die sogenannten ESG-Kriterien eine wesentliche Funktion ein. ESG steht für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung), um Nachhaltigkeitsaspekte im Kreditvergabeprozess oder bei Investmententscheidungen zu berücksichtigen. Zudem können Banken in ihrer Beratungsfunktion ihre Kunden beim Transformationsprozess unterstützen und gemeinsam in ihrer Netzwerkrolle Lösungsansätze verfolgen.
Insgesamt sind Banken eine wichtige Stütze für eine zukunftsorientierte Entwicklung und tragen dazu bei, dass Nachhaltigkeit nicht nur als Trend, sondern als notwendige Transformation im Wirtschaftssystem verankert wird. Wir als VerbundVolksbank OWL sehen unsere Verantwortung und engagieren uns aktiv.
Warum benötigt die VerbundVolksbank OWL einen Nachhaltigkeitsmanager?
Nachhaltigkeit ist ein strategischer Megatrend, der alle Bereiche der Bank erfasst. Deshalb ist ein systemisches Vorgehen erforderlich, bei dem alle Aktivitäten in einer schlüssigen Gesamtkonzeption gebündelt werden. Eine koordinierende Stelle, welche die strategische Ausrichtung der Geschäftsführung im Themenfeld der Nachhaltigkeit methodisch und fachlich mitgestaltet und den verschiedenen Fachbereichen im „Dschungel der Nachhaltigkeitsthemen“ zur Seite steht, ist da zielführend. In diesem Zusammenhang
ist auch die nichtfinanzielle Berichtspflicht, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), zu nennen, die qualitative und quantitative Zielangaben und eine engere Verknüpfung mit der finanziellen Berichtspflicht fordert.
Welche Aufgaben übernehmen Sie konkret?
Ich stelle sicher, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Bank tief in den Strukturen und Prozessen verankert ist. Aufsichtsrechtlich sind wir als Bank gefordert, die Auswirkungen der Klimakrise messbar zu machen und uns mit den Nachhaltigkeitsrisiken auseinanderzusetzen. Dabei ist es mir wichtig, unsere gesellschaftliche Verantwortung als Bank in Bezug auf unsere Geldströme sowie in der Verantwortung als Unternehmen mit unserem Geschäftsbetrieb in der Region zu wahren.
In meiner Funktion nehme ich eine stark koordinierende Verantwortung wahr, die strategisch und methodisch geprägt ist, und unterstütze die verschiedenen Bereiche in den unterschiedlichen Handlungsfeldern der Nachhaltigkeit. Die Herausforderung besteht darin, eine nahtlose Integration der verschiedenen Fachbereiche in den Querschnittsthemen der Nachhaltigkeit zu erreichen. Hierbei ist es von zentraler Bedeutung, dass Themen wie ein ganzheitliches Mobilitätskonzept nicht allein von einer Einzelperson bearbeitet werden, sondern dass ein koordinierter Ansatz unter Beteiligung relevanter Abteilungen verfolgt wird. In meiner Funktion fordere und fördere ich die jeweiligen Handlungsfelder in der nachhaltigen Entwicklung, indem ich bei der Definition von Nachhaltigkeitszielen unterstütze, die Entwicklung von Maßnahmen und Prozessen vorantreibe und über die ganzheitliche Entwicklung gegenüber der Geschäftsführung berichte. Zudem fungiere ich als Ansprechpartner für Kunden und Mitarbeiter und stärke das Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Unternehmen.
Welche Bereiche der Bank betrifft das Thema Nachhaltigkeit?
Die Thematik zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Bank und ist somit von hoher Relevanz für alle Mitarbeitenden. In diesem Zusammenhang hat auch jeder Fachbereich in unterschiedlichem Ausmaß Berührungspunkte mit Nachhaltigkeitsaspekten. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden und im Einklang mit dem aktuellen Verständnis von Nachhaltigkeit zu agieren, hat die Geschäftsleitung im Januar 2022 hierzu eine umfassende Strategie beschlossen und in die Geschäfts- und Risikostrategie integriert. Dabei wird nachhaltiges Handeln als kontinuierlicher Entwicklungsprozess verstanden, der gegenwärtige und zukünftige Bedürfnisse gleichermaßen berücksichtigt.
Die VerbundVolksbank OWL fokussiert zentrale Handlungsfelder für die nachhaltige Transformation. Für diese wurde, in Abstimmung mit den Fachbereichen, jeweils ein Ambitionsniveau festgelegt. Um die nachhaltige Entwicklung messbar zu machen, nutzen wir den Reifegradfächer des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Durch diese Vorgehensweise trägt die Bank einen bedeutsamen Teil zur Förderung ihrer eigenen nachhaltigen Entwicklung bei und erfüllt zugleich ihre Verantwortung, die nachhaltige Transformation der Wirtschaft zu unterstützen.
Worauf liegt aktuell Ihr Fokus?
Ich erstelle gerade unseren Nachhaltigkeitsbericht im Standard des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) und organisiere Maßnahmenpläne für verschiedene Fachbereiche. Zudem behalte ich die aktuelle Regulatorik im Auge und beteilige mich bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) sowie der Anforderungen der EU-Taxonomie bzw. Green Asset Ratio (GAR). In diesem Zusammenhang bin ich im Austausch zur Berücksichtigung von ESG-Kriterien im Kreditgeschäft. Hierbei stelle ich eine enge Verzahnung mit unserem Kompetenzfeld „Erneuerbare Energie und Ressourceneffizienz“ sicher. Aber auch der Aufbau von Organisationsstrukturen, wie beispielsweise einem Nachhaltigkeitsgremium, steht auf meiner Agenda. Und natürlich ist es mir ein Anliegen, intern und extern klar zu kommunizieren, was wir hier alles auf die Beine stellen.
Gibt es bei der Umsetzung der Strategie auch Widerstände?
Mit unseren Fragestellungen legen wir den Finger oftmals in die Wunde, wenn wir fragen: Was ist das Ziel in diesem Bereich? Mit welchen Maßnahmen soll dieses Ziel erreicht werden? Wie wird die Effektivität dieser Maßnahmen überwacht und welche Leistungsindikatoren wollen wir zukünftig nutzen, um unsere Entwicklung zu beurteilen? Diese Fragen bedeuten Veränderung. Veränderung bedeutet aber auch, seinem Ziel näherzukommen und Lösungen zu schaffen. Deshalb finde ich Widerstände in Form von Rückmeldungen und Positionierungen beziehungsweise offene Diskussionen gut. Nur so kommen wir unserem Zielbild näher.
Wie sieht Ihre Nachhaltigkeits-Vision für die Bank in den nächsten Jahren aus?
Meine Nachhaltigkeits-Vision ist ambitioniert und strebt danach, dass wir als Bank Vorreiter in der nachhaltigen Transformation der Wirtschaft sind. Wir gehen noch einen Schritt weiter, als nur visionäre Aussagen zu machen. Für jedes Handlungsfeld haben wir konkrete Zielvorgaben definiert und evaluieren regelmäßig die Umsetzung der Maßnahmen. Dabei streben wir stets danach, die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit überdurchschnittlich zu halten und uns so einen nachhaltigen Unternehmenserfolg zu sichern. Damit sind wir gut gerüstet für die Herausforderungen, vor die uns der Fachkräftemangel und die Klimakrise stellen.
Wir wollen nicht nur intern nachhaltige Transformation leben, sondern auch extern sichtbar machen. Unsere Gebäude sollen ein Symbol für nachhaltiges Handeln und Wirtschaften sein. Gleichzeitig freuen wir uns über die Lösungen, die unsere Kunden schaffen, und die uns zeigen, dass sie sich aktiv den Veränderungen in der nachhaltigen Transformation der Wirtschaft stellen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zum Thema Nachhaltigkeit – zum Beispiel mit anderen Volksbanken?
In der Zusammenarbeit mit anderen Volksbanken im genossenschaftlichen Verbund findet ein offener Austausch statt. Wir sind uns bewusst, dass wir uns mit den Nachhaltigkeitsrisiken auseinandersetzen und sie gemeinsam lösen müssen, um langfristig unsere genossenschaftliche Marke für die Zukunft zu stärken. Um dauerhaft erfolgreich und stabil zu bleiben, müssen wir uns frühzeitig hiermit beschäftigen, uns auf unsere Stärken fokussieren und uns klar positionieren.
Zum Schluss eine persönliche Frage: Wie gehen Sie als Nachhaltigkeitsmanager das Thema Nachhaltigkeit privat an?
Für mich hat sich in den letzten Jahren ein Wandel vollzogen, der mich immer mehr dazu veranlasst, mich mit Nachhaltigkeitsaspekten in meinem privaten Leben auseinanderzusetzen. Ich habe zum Beispiel damit begonnen, Plastiktüten zu vermeiden. Meine Ernährungsweise hat sich verändert, ich richte mein Augenmerk nicht nur auf Nachhaltigkeit, sondern auch auf eine gesundheitsbewusste Ernährung mit Fokus auf regionalen und saisonalen Lebensmitteln. Bei Anschaffungen denke ich darüber nach, ob sie wirklich sinnvoll sind oder ob ich vielleicht besser auf fair produzierte und langlebige Produkte setzen sollte. Sowohl auf meinem Arbeitsweg als auch in meiner Freizeit bin ich gerne mit dem Fahrrad unterwegs. Ich bin der Meinung, dass es wichtig ist, nicht nur unser Konsumverhalten zu reflektieren, sondern uns auch mit Blick auf unsere Gesundheit bewusst zu überlegen, was uns wirklich guttut. Auch für unsere Bank sind gesunde und motivierte Mitarbeiter, die wissen, was sie wollen, von großer Bedeutung. Sie sind eine entscheidende Stütze für unseren nachhaltigen Entwicklungsprozess.