Traditionsreicher Werkstoff und innovative Produkte

Produzierende Unternehmen in Deutschland stehen vor einer Herausforderung: Um trotz vergleichsweise hoher Produktionskosten profitabel arbeiten zu können, müssen sie innovativ sein – und zunehmend auch immer stärker Verantwortungsbewusstsein demonstrieren. Der Firma Fritz Becker aus Brakel ist das gelungen.

Kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres hatten Gerrit Becker und Mario Heiming einen ganz besonderen Termin im Kalender stehen. Die Geschäftsführer des Brakeler Holzverarbeiters Fritz Becker – auch bekannt als Becker Brakel – ehrten 39 langjährige Mitarbeiter, drei davon stehen schon seit 40 Jahren im Dienst des Familienunternehmens. Sie haben drei Generationen der Beckers erlebt: Gerrit, dessen Vater Ralf – der seit vielen Jahren im Aufsichtsrat der VerbundVolksbank OWL sitzt – und Großvater Gerdt. Lediglich den Gründer Fritz kennen sie nicht mehr persönlich. Gerrit Becker ist stolz auf die Familientradition – und auf seine Mitarbeiter: „Wir haben eine sehr geringe Fluktuation.“ Woran das liegt? Becker setzt auf mehrere Bausteine: „Ein wichtiger Punkt ist sicherlich die Vergütung. Darüber hinaus spielen die Arbeitsumgebung, das Betriebsklima und die Aufgabeninhalte eine große Rolle.“

Gerrit Becker und Mario Heiming

Eine besondere Verantwortung für Mensch und Ressource

Becker Brakel zählt zu den bedeutendsten Formholz- und Formvliesherstellern weltweit. Die Firma beliefert unter anderem die Möbel- und Fahrzeugindustrie sowie Spielzeughersteller. Rund die Hälfte des Umsatzes erlöst Becker im Ausland. Als Spezialist für Holzverarbeitung hat das Unternehmen eine besondere Verantwortung: Holz ist theoretisch ein unendlicher Rohstoff, doch die Nachfrage ist so groß, dass nicht genug Holz nachwachsen kann, um den Bedarf zu decken. Für umso wichtiger hält Gerrit Becker einen verantwortungsvollen Umgang mit der knappen Ressource: „Wir beziehen unser Rohholz ausschließlich aus zertifizierten, nachhaltigen Wäldern“, erklärt er. In diesen Wäldern werden nur so viele Bäume gefällt, wie im gleichen Zeitraum wieder nachwachsen. „Seit mehr als 85 Jahren verarbeiten wir Buchenstammholz aus der Region rund um Brakel inmitten des weltweit größten zusammenhängenden Buchenwaldgebietes.“ So bleiben die Transportwege kurz. Holz, das in der Produktion übrigbleibt, nutzt Becker zur Wärmeerzeugung. Kritik hört der Geschäftsführer selten, im Gegenteil: „Unsere Besucher sind immer wieder begeistert, wie sorgfältig und innovativ wir mit unserem Rohstoff umgehen.“

Becker Brakel zählt zu den bedeutendsten Formholz- und Formvliesherstellern weltweit.

Qualität und Zuverlässigkeit überzeugen im Wettbewerb

Die Nachfrage nach den Produkten des Unternehmens ist ungebrochen, berichtet Becker, doch die Wettbewerbsstruktur hat sich deutlich verschoben. „In Deutschland haben wir keinen nennenswerten Konkurrenten mehr.“ Stattdessen sind Wettbewerber aus dem östlichen und nordöstlichen Europa immer stärker geworden. Das sorgt für Preisdruck: „Über den Preis können wir nur bei Produkten, die in hohen Stückzahlen laufen, konkurrieren“, sagt Becker. Bei allen anderen Produkten spielen Qualität, Zuverlässigkeit, Beratung und die Nähe zum Kunden eine große Rolle. „Da haben wir gegenüber den meisten Konkurrenten einen Vorsprung.“

Um beim Kunden die Nase vorn zu haben, setzt Becker Brakel auf Individualität. Standardprodukte gibt es keine, alle Artikel werden auftragsbezogen produziert. „Wir müssen unsere Kunden auf die Idee bringen, mit unseren Materialien Produktlösungen zu finden.“ Deshalb hat das Unternehmen vor 20 Jahren das Designforum ins Leben gerufen: Alle zwei Jahre stellt Becker Brakel auf der Messe „interzum“ in Köln Produkte aus, die Designer mit Holz oder Vlies kreiert haben. Die weltweit größte Zulieferermesse der Möbelindustrie ist bei Designern beliebt: Dort können sie ihre Kreativität zeigen und wertvolle Kontakte knüpfen.

„Im Schnitt der vergangenen Jahre haben jeweils mehr als 130 internationale Designer an unserem Forum teilgenommen“, freut sich Becker. Dieses Jahr gab es sogar 150 Einsendungen, zehn Entwürfe haben es als Prototyp auf den interzum-Messestand geschafft. Um Nachwuchs fürs Entwerfen zu begeistern, lädt Becker Studierende von Designhochschulen an seinen Firmensitz ein, führt sie durch die Produktion und hält Vorträge über seine Erfahrung in der Holzverarbeitung. Die Designer schätzen nicht nur den Einblick in die Praxis eines Zulieferers, sondern können wertvolle Kontakte knüpfen – und viel über das Zusammenspiel von Kunst und Fertigung lernen. Denn bei der Gestaltung mit Formholz oder Formvlies ist nicht nur durchdachtes und markantes Design gefragt, sondern auch technische Fertigkeiten. Auch für Becker zahlt sich die Zusammenarbeit aus, sagt der Geschäftsführer: „Innovationen sind die Grundlage unseres Erfolgs.“