Gemeinsam für Erfolg und Vielfalt

Thomas Münstermann, Fachbereichsleiter Caritas-Werkstätten St. Martin, und Stefan Fiedler, Geschäftsführer Industrie Elektronik Brilon

Mit dem Unternehmen Industrie Elektronik Brilon (IEB) und den Caritas-Werkstätten St. Martin arbeiten zwei Kunden der Volksbank Brilon zusammen, die gemeinsam gewachsen und gemeinsam erfolgreich sind. Eine partnerschaftliche Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe prägt die Zusammenarbeit – und die Erkenntnis, dass Engagement für eine inklusive Gesellschaft und wirtschaftlicher Erfolg sehr gut Hand in Hand gehen können.

Partnerschaft inklusive

Der letzte Schrei auf Seen in aller Welt ist das Liftfoil – eine Art Surfbrett mit Elektroantrieb. Die Ladegeräte für die Boards kommen aus dem Sauerland, genauer gesagt von Industrie Elektronik Brilon (IEB). Das Familienunternehmen ist spezialisiert auf Ladegeräte für Antriebstechnik. „Wir laden alles, was sich bewegt – außer Elektroautos“, sagt Geschäftsführer Stefan Fiedler.

Über 40 Jahre nach der Firmengründung im Jahr 1980 gehört das Briloner Unternehmen heute zu den größten Ladetechnikherstellern in Europa. Pro Jahr produziert IEB rund 150.000 Ladegeräte, beispielsweise für elektrisch betriebene Radlader, Gabelstapler, E-Motorräder und E-Rollstühle. Die meisten davon verkaufen die Sauerländer auf internationalen Märkten. Sämtliche Produkte sind Eigenentwicklungen des Unternehmens. Am Standort Brilon sind rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, am Standort Ilmenau in Thüringen rund 20. Schon seit den Gründungsjahren immer an der Seite des Unternehmens ist die Volksbank Brilon. „Nähe und Flexibilität sind die beiden Eigenschaften, die ich an meiner Bank schätze. Ich hoffe, dass das auch zukünftig unsere Zusammenarbeit prägen wird“, sagt Fiedler. In der Marktnische breit aufgestellt zu sein, ist für den Erfolg von IEB essenziell. „Erfolg braucht Vielfalt. Deshalb decken wir ein breites Produktspektrum ab“, so Fiedler. Auf Vielfalt setzt das Unternehmen auch in Bezug auf die Belegschaft; es beschäftigt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus vielen verschiedenen Ländern stammen. Die unterschiedlichen Perspektiven, die daraus resultieren, stärken die Innovationskraft des Unternehmens, ist der Firmenchef überzeugt. Denn die Inhouse-Entwicklung neuartiger Produkte und Lösungen zeichnet IEB seit vielen Jahren aus.

Wie innovativ die Produkte der Sauerländer sind, zeigen zwei Neuheiten, die das Unternehmen im vergangenen Jahr am Markt einführte beziehungsweise demnächst einführen wird. „Unser Highlight ist ein Universalladegerät, das weltweit einsetzbar ist und bidirektionales Laden ermöglicht, zum Beispiel für elektrisch betriebene Baumaschinen“, erklärt Fiedler. Das Gerät kommt mit unterschiedlichen Spannungen in Stromnetzen zurecht und kann Strom in beide Richtungen leiten – damit Geräte zwischenzeitlich Strom ans Netz abgeben können. Mindestens ebenso am Herzen liegt dem IEB-Geschäftsführer ein neuartiges Ladegerät für E-Rollstühle. „Der Clou: Das Gerät ist extrem kompakt, komplett dicht und kommt trotzdem ganz ohne Lüfter aus. Wenn das Gerät lädt, hört man keine Lüftergeräusche“, sagt Fiedler. Das mag wie ein vernachlässigbares Detail wirken. Aber für viele Nutzer ist es eine große Alltagserleichterung, wenn ein E-Rollstuhl nachts geräuschlos lädt.

„Erfolg braucht Vielfalt. Deshalb decken wir ein breites Produktspektrum ab.“

Stefan Fiedler

Es sind auch die besonderen Talente von Menschen mit Behinderungen, die zum Erfolg von IEB beigetragen haben. Den Großteil der Gehäuse für die Ladegeräte fertigen die zum Caritasverband Brilon gehörenden Caritas-Werkstätten St. Martin. Seit Mitte der 1980er-Jahre besteht die Geschäftsbeziehung mit IEB. „Mein Vater wollte bewusst mit Menschen mit Behinderungen zusammenarbeiten. Und die Caritas-Werkstätten hatten das Potenzial, eines unserer komplexen Produkte – damals stellten wir noch Motorstarter her – so perfekt montieren zu können wie niemand sonst“, erzählt Fiedler. Motorstarter sind nötig, um Motoren sicher zu starten. Es handelt sich um komplexe, kleinteilige Konstruktionen. Die Caritas konnte mit hauptamtlichen Mitarbeitenden und Werkstattbeschäftigten aufwarten, die sich außergewöhnlich gut auf komplexe Arbeitsschritte konzentrieren und besonders geschickt arbeiten.

Weil die Zusammenarbeit so gut funktionierte, ließ IEB bald auch Gehäuse in den Caritas-Werkstätten fertigen. Für Fiedler ist die Caritas auch heute immer noch der perfekte Partner: „Die Flexibilität habe ich so bei keinem anderen Lieferanten erlebt. Die Caritas-Werkstätten fahren bei Bedarf ihre Produktion für uns hoch, stellen zusätzliche Leute ein, fertigen individuell nach unseren Bedürfnissen.“

Und die Kommunikation mit IEB läuft auf Augenhöhe, bestätigt Thomas Münstermann, Fachbereichsleiter bei den Werkstätten St. Martin: „Für IEB sind wir Partner, nicht nur Dienstleister.“ Die räumliche Nähe – die Caritas-Werkstätten haben eigens eine Fertigung in der Nähe des IEB-Geländes aufgebaut – hilft bei der Zusammenarbeit. Der gemeinsame Erfolg von IEB und Caritas-Werkstätten ist wirtschaftlicher Natur, aber es sind nicht nur ökonomische Gründe, die aus IEB und Caritas Partner machen. „Die Zusammenarbeit gehört zu unserer Firmenphilosophie“, sagt IEB-Chef Fiedler.

„Unsere Arbeit bringt per se vielfältige Perspektiven auf das Leben mit sich.“

Thomas Münstermann

Erfolg ist aus Blech gemacht

Pflegen, Begleiten, Helfen und Unterstützen – das sind die Aufgaben, denen sich der Caritasverband Brilon täglich stellt. Damit bringen viele Menschen die Caritas in Verbindung. Aber mit Kanten, Stanzen und Beschichten? Wohl weniger. Und doch gehört dieser Dreiklang genauso zur Caritas, zumindest zum Caritasverband Brilon. Eine seiner 64 Einrichtungen sind die Caritas-Werkstätten St. Martin. An den Standorten in Brilon, Winterberg und Marsberg bieten sie Leistungen der beruflichen Rehabilitation an, erläutert Thomas Münstermann, Fachbereichsleiter der Werkstätten St. Martin. „Im Laufe der Jahrzehnte hat sich der Fokus der Werkstätten weiterentwickelt. Heute geht es nicht nur um Schutz und Fürsorge. Es geht vorrangig darum, Menschen mit Beeinträchtigungen fit für den regulären Arbeitsmarkt zu machen.“

Die Beeinträchtigungen der Werkstattbeschäftigten sind höchst verschieden: So benötigen viele Menschen mit geistiger Behinderung klare, strukturierte Aufgaben. Das muss aber nicht für Werkstattbeschäftigte mit einer psychischen Erkrankung gelten, die womöglich abwechslungsreiche Aufgaben und Freiräume brauchen. Beide sind in den Caritas-Werkstätten richtig. Diese Vielfalt wertzuschätzen, gehört für Münstermann zu den obersten Geboten: „Die Caritas begleitet die unterschiedlichsten Menschen in verschiedenen Lebenssituationen. Unsere Arbeit bringt per se vielfältige Perspektiven auf das Leben mit sich.“ Ihren insgesamt 620 Werkstattbeschäftigten bieten die Caritas-Werkstätten St. Martin einen Ort, an dem ihre individuellen Fähigkeiten und Talente gefördert werden, um sie zu qualifizieren. Das geschieht in einem geschützten Rahmen. 180 hauptamtliche Mitarbeitende der Caritas sorgen für diesen Schutz und kümmern sich um die Belange der Menschen mit Behinderung.

Die Caritas-Werkstätten St. Martin bieten verschiedene Produkte und Dienstleistungen an, Experten sind sie vor allem in Sachen Metallverarbeitung. Aufgrund der großen Nachfrage haben die Werkstätten im Jahr 2015 eine 2.000 Quadratmeter große neue Fertigungshalle in Brilon bezogen. Dort und an den anderen Standorten verarbeiten sie pro Jahr rund 1.000 Tonnen Feinblech. Sind die Bleche in Form gepresst, sorgt die Pulverbeschichtung dafür, dass sie die gewünschte Farbe bekommen. Wer möchte, kann zum Beispiel ein Gehäuse in „Erdbeershakerot“ bei der Caritas bestellen – oder in „Auerhahnlila“, je nach Geschmack.

Die Caritas-Werkstätten beliefern insgesamt rund 185 Kunden aus der Industrie. Die große Nachfrage nach Metallprodukten stammt vor allem von Unternehmen in der Region, ein besonders guter Kunde und Partner ist der Ladegeräte-Spezialist IEB.

Auch wenn die Werkstätten die Entgelte für Werkstattbeschäftigte sowie die Investitionen in Maschinen aus den Produktionserlösen finanzieren müssen, so messen sie den Erfolg ihrer Arbeit nicht nur am Umsatz. Wirklich erfolgreich sind sie, wenn Beschäftigte aus der Werkstatt einen Arbeitsplatz in einem Unternehmen finden. „Dafür sorgt zum Beispiel ein Job Coach, der mit Arbeitgebern Kontakt aufnimmt und fragt: Welche Arbeitskräfte braucht ihr? Was müssen sie können?“, erklärt Münstermann. Erfüllt jemand die Anforderungen und möchte aus dem geschützten Raum in ein Industrieunternehmen wechseln, dann begleitet die Caritas beim Eingliederungsprozess. Und so trägt Münstermann es mit Fassung, wenn wieder einmal ein Werkstattbeschäftigter die Werkstätten aus diesem guten Grund verlässt – denn genau das ist das Ziel.