In festem Glauben

Gemeinsam für eine stabile Zukunft der St. Vincenz-Kliniken: (v. l.) Geschäftsführerin Schwester Bernadette M. Putz, Markus Funk, Sprecher der Geschäftsführung der St. Vincenz- Kliniken, und Schwester M. Katharina Mock, Generaloberin der Paderborner Vincentinerinnen

Die St. Vincenz-Kliniken gelten im Kreis Paderborn als Institution. Doch im Jahr 2023 standen sie kurz vor dem Aus. Aufsichtsratsmitglied Schwester M. Katharina Mock trieb in dieser aufreibenden Zeit gemeinsam mit dem Klinik-Geschäftsführer Markus Funk eine Sanierung voran. Für deren Gelingen zählte die Vielfalt an Lösungsvorschlägen. Nun gibt es wieder eine Zukunft.

Libori ist für Paderborn die fünfte Jahreszeit und das traditionsreichste kirchlich geprägte Volksfest. Im Juli 2023, mitten in dieser Zeit von Kirmes, Kirche und Kultur, unterschrieben die Generalbevollmächtigten der St. Vincenz-Kliniken einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Kein Wunder, dass Schwester M. Katharina Mock nicht zum Feiern zumute war. Die Generaloberin des Ordens der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vincenz von Paul kümmert sich in dieser Funktion um 99 Ordensschwestern, deren Vorgängerinnen 1841 für die Versorgung von Kranken nach Paderborn kamen – und schließlich im Jahr 1901 die St. Vincenz-Kliniken gründeten. Das katholische Krankenhaus ist Paderborns fünft größter Arbeitgeber und in Trägerschaft des Ordens. Schwester M. Katharina war sechzehn Jahre lang dessen Geschäftsführerin. Heute sitzt sie im Aufsichtsrat.

In ihrer ersten Aufsichtsratssitzung im Januar 2023 seien die Zahlen noch nicht besorgniserregend gewesen, erinnert sie sich. Aber das änderte sich in den Folgewochen rasant. Die Alarmglocken schrillten. „Wir haben uns Insolvenzberater an die Seite geholt mit dem großen Ziel, die Insolvenz zu vermeiden“, berichtet Schwester M. Katharina. Doch die damalige Hausbank verlängerte den Kontokorrentkredit nicht ausreichend lang, sodass sich die Insolvenz nicht mehr abwenden ließ.

„Wir haben 3.000 Mitarbeitende mit durchschnittlich 13 Jahren Zugehörigkeit, das sind 40.000 Jahre Erfahrung – und die Vielfalt dieser Erfahrungen ist das, was für uns zählt.“

Markus Funk

Große Anspannung prägte diese Zeit. „Ich habe damals viel Kraft daraus gezogen, dass ich mein Leben an Gott gebunden habe, und das schon seit 40 Jahren“, sagt Schwester M. Katharina. Sie musste schwierige Entscheidungen treffen, etwa die Trennung vom damaligen Hauptgeschäftsführer der Kliniken. Dieses Amt übernahm im September 2023 Markus Funk. Der 52-jährige Krankenhausmanager hatte bereits die „imland Kliniken“ im Kreis Rendsburg-Eckernförde durch die Insolvenz begleitet, er wusste, was auf ihn zukommt. „Ich dachte mir: Ich habe so viel darüber gelernt. Hier kann ich mich wirklich einbringen“, sagt er rückblickend. Aller guten Dinge sind also zwei.

Was folgte, fühlte sich laut Markus Funk wie der Schleudergang einer Waschmaschine an. Es waren harte Zeiten, die Klinik baute 260 Stellen ab, 108 davon durch einen Sozialplan mit dem Wechselangebot in eine Transfergesellschaft. Die Gremien tagten in hoher Frequenz, die besorgten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versammelten sich in der Mutterhauskirche, alle Plätze waren belegt, selbst auf den Emporen. Schwester M. Katharina und die Geschäftsführung beantworteten geduldig alle Fragen und informierten über den aktuellen Stand. Was alle beschäftigte: Werden die Löhne weiterhin bezahlt? Was alle einte, war Solidarität. „Die Menschen suchten mich auf und versicherten mir: Schwester Katharina, wir schaffen das!“, erinnert sich die Generaloberin.

Es gab sogar Petitionen der Mitarbeiterschaft, die forderten, dass das Krankenhaus in der Trägerschaft der Schwestern bleiben solle. Denn es drohte der Verkauf. Und so mussten auch die 1.800 Gläubiger überzeugt werden, dass eine Trägerschaft der Vincentinerinnen auch in Zukunft der richtige Weg ist.

Die Krise sollte in Eigenregie bewältigt werden. „Die Gläubiger waren kritisch“, sagt Geschäftsführer Funk. Aber der Sanierungsplan habe sie schließlich überzeugt. Zwei Dinge waren für dessen Gelingen wichtig: die Bescheinigung der Sanierungsfähigkeit zu bekommen und zuverlässige Partner für die Zukunft zu finden. „Das alles hat nur funktioniert, weil die Schwestern standfest wie eine Eiche im Sturm für das Krankenhaus einstanden“, sagt Funk. Sie kämpften dafür, dass das Krankenhaus nicht verkauft wird und damit in die Hände eines privaten Trägers fällt. Dass ein Verkauf abgewendet wurde, war auch möglich, weil Schwester M. Katharina potenziellen Interessenten bedeutete, dass wesentliche Teile der Liegenschaften dem Orden gehören und die Schwestern nicht gezwungen werden könnten, diese an einen privaten Träger zu verkaufen.

Was die Partner für die Zukunft betraf, hatte das Krisenteam schon eine Idee. Die alte Hausbank hatte aus Vorsicht die Zahlungsflüsse gestoppt. Ein riesiges Problem. „Wir bewegen pro Woche große Beträge hin und her, das war plötzlich nicht mehr möglich“, sagt Schwester M. Katharina. Die drängende Frage lautete: Wer ist trotz der Krise bereit, zu helfen? Hier sprang die Volksbank Paderborn ein. Ein Lichtblick in düsteren Zeiten.

„Uns war wichtig, dass wir einen regionalen Partner im Boot haben“, sagt Geschäftsführer Funk. Er und Schwester M. Katharina wollten nicht irgendein großes Bankhaus als Partner. „Der Orden und die St. Vincenz-Kliniken fühlen sich dieser Region stark verbunden, also wollten wir auch Verbundenheit und Vertrauen mit unseren Partnern.“ Das bräuchten die Menschen doch in turbulenten Zeiten. Schwester M. Katharina lächelt und ergänzt: „Schon durch unseren Namen passen wir doch gut zusammen. Wir sind wie die Genossenschaftsbank eine Genossenschaft der barmherzigen Schwestern.“ Das Credo lautet: Der eine tritt für den anderen ein. Das passe gut zusammen, findet sie.

Nun blicken Schwester M. Katharina und Geschäftsführer Funk zuversichtlich in die Zukunft: Der Sanierungsplan, der gemeinsam mit einer Unternehmensberatung erarbeitet wurde, hält 22 Projekte bereit, um Prozesse zu verschlanken. Alle sind eingebunden: Abteilungs- und Bereichsleitungen, Verwaltung, Technik, Einkauf, Apotheke. So wurde beispielsweise der klinische Schreibdienst komplett digitalisiert. Zuvor wurde jeder Arztbrief diktiert, aufgeschrieben, ausgedruckt und händisch korrigiert.

„Ich glaube an die Weisheit der Vielen“, sagt Schwester M. Katharina. „Niemand weiß alles und niemand weiß nichts. Man muss nicht für alles selbst eine Lösung finden.“ Alle Beteiligten machten sich doch schließlich Gedanken und hätten Ideen. Nun gilt es, diese Weisheit der Vielen zusammenzubringen. Schon als Funk seinen Posten als Geschäftsführer antrat, machte er aus diesem Grund vor allem eins: zuhören. Was bewegt dich? Was muss verändert werden?

„Wir sind durch das tiefste Tal gegangen, durch das ein Unternehmen gehen kann“, sagt Schwester M. Katharina. „Doch wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Jetzt sind alle Weichen für die Zukunft gestellt.“ Eines ist dabei für sie besonders wichtig: die Teamarbeit. „Es ist doch wie beim Fußball“, sagt die ehemalige Hobby-Fußballerin. „Um zu gewinnen, braucht es die Kraft der Vielfalt, keinen Ronaldo. Ein Sieg ist immer eine Mannschaftsleistung.“

„Ein Krankenhaus kann ohne Vielfalt gar nicht überleben. Die ganzen unterschiedlichen Bereiche müssen zusammenarbeiten – dabei ist die Reinigungskraft genauso wichtig wie der Chefarzt.“

Schwester M. Katharina Mock