Gärtnern für die Gemeinschaft

Die Südstadtgärten im lippischen Oerlinghausen sind zum Treffpunkt für verschiedene Kulturen geworden. Die VerbundVolksbank OWL hat das Projekt mit einer Crowdfunding-Aktion unterstützt.

Friederike David, Südstadtgärten Oerlinghausen e. V.
Friederike David, Vorsitzende des Vereins Südstadtgärten Oerlinghausen e. V.

Oerlinghausen ist mit seinen 17.000 Einwohnern keine Großstadt, aber doch zu groß, um jeden Nachbarn zu kennen. Insbesondere im Süden der Bergstadt im Kreis Lippe vereinen sich viele verschiedene Kulturen auf engem Raum. Damit die Gemeinschaft wächst und die Südstadt-Bewohner enger zusammenrücken und sich gegenseitig unterstützen, hatte Friederike David eine besondere Idee: Mit ihrer Freundin Nina Schönhals gründete sie die Südstadtgärten – einen Gemeinschaftsgarten mit 22 Parzellen, die nur Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils bewirtschaften dürfen.

In vielen größeren Städten wie Berlin, Hannover oder Köln haben Gemeinschaftsgärten schon längst viele Fans. Aber auch in den ländlichen Regionen Ostwestfalen-Lippes werden sie immer öfter umgesetzt. Bei den Projekten geht es nicht allein um den Anbau von Obst und Gemüse, sondern auch darum, zusammen tätig zu werden und eine Fläche nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. „Mit den Südstadtgärten wollen wir Solidarität, nachbarschaftliche Begegnungen und den Austausch untereinander fördern“, sagt David. „Gärten tragen dazu bei, dass Menschen sich verwurzeln, gerade, wenn sie einen Migrationshintergrund haben oder auf kleinem Raum in Häuserblocks wohnen.“

Ankommen, eine Heimat finden und sich mit Gleichgesinnten austauschen – dafür sollen die Südstadtgärten eine Plattform bieten. In der Sennestraße 33, direkt am Waldrand, stehen den Gärtnerinnen und Gärtnern dafür nun 2.200 Quadratmeter Garten zur Verfügung. „Das war ein ganz schönes Stück Arbeit, bis wir alles eingetütet hatten“, sagt David. Bereits im Dezember 2017 präsentierten die beiden Initiatorinnen ihre Idee bei der Stadt Oerlinghausen, die eine Fläche bereitstellte. Schnell fanden sich einige Engagierte, die die Initiative unterstützen wollten. „Ohne diese Gruppe der Aktiven wäre es nicht gegangen“, so David. Sie veranstalteten ein Nachbarschaftsfest und eine Pflanzentauschbörse – nicht nur, um Mitglieder zu werben, sondern auch, um Akzeptanz zu schaffen. „Wir sind solidarisch mit dem Stadtteil und wollen alle mitnehmen, egal ob sie bei uns gärtnern oder nicht.“

Im September 2019 gründeten zwölf begeisterte Südstadtgarten-Fans mit langem Atem den Verein „Südstadtgärten Oerlinghausen e. V.“. Eigentlich wollten sie im Frühjahr 2020 die Flächen bewirtschaften, doch Corona machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. „Trotz Lockdown wollten wir nicht untätig herumsitzen und einfach nur abwarten“, sagt David. Also begann der Verein mit der Akquise von Fördermitteln – mittels Crowdfunding. Immerhin musste ein Zaun her, der den Gemeinschaftsgarten vor Rehen und Wildschweinen aus dem benachbarten Waldstück schützt. 3.500 Euro wollten die Südstadtgärtner einsammeln. „In den ersten vier Tagen kamen schon über 1.000 Euro zusammen“, erzählt David stolz. Am Ende waren es mehr als 5.000 Euro. Auch die VerbundVolksbank OWL beteiligte sich und bezuschusste das Projekt mit insgesamt 2.000 Euro.

Wer eine Parzelle bewirtschaften möchte, darf das nur biologisch tun: Chemische Pflanzenschutzmittel und Dünger sind tabu. „Es geht bei dem Projekt nicht nur um Solidarität untereinander, sondern auch um Solidarität mit unserer Erde“, sagt David, die fünf Jahre lang einen Bioladen in Oerlinghausen führte. Für sie ist Umweltschutz ein besonderes Anliegen. „Der Garten liegt in einem Wasserschutzgebiet. Allein schon deshalb halten wir uns streng an die Vorgaben“, sagt sie. Dies allerdings allen Südstadtgärtnern zu vermitteln, sei gerade in Corona-Zeiten, in denen wir uns nicht in der Gemeinschaft treffen können, herausfordernd, sagt David: Zudem sprechen manche nicht gut Deutsch, sondern Polnisch, Russisch, Türkisch, Albanisch, Arabisch und Kurdisch. Die Verständigung läuft häufig mit Händen und Füßen. „Inzwischen haben aber alle verstanden, was möglich ist und was nicht.“ Und auch das gehöre eben zu Solidarität – alle werden mitgenommen und wer sich verständigen möchte, bekomme das auch irgendwie hin.

Mittlerweile zählen die Südstadtgärten Oerlinghausen 40 Mitglieder. Und auch Friederike David ist extra in die Südstadt umgezogen, um eine Parzelle zu bewirtschaften. Jetzt freut sie sich auf das erste Fest im gemeinschaftlichen Garten, das stattfindet, sobald die Umstände es zulassen. Ein Getränkekühler steht schon bei Gärtner Mehmed Kozak auf der Parzelle.