Wo die Gemeinschaft alles ist

Eine Volksbank auf dem Land ist nicht einfach nur eine Bank-Filiale. Die Teams gehören zur Dorfgemeinschaft wie der Schützenverein, sind Vertrauensmenschen und Kümmerer weit über Finanzthemen hinaus. Claudia Hoffmeister, Leiterin der Filiale Altenbeken der Volksbank Paderborn, und Michael Hanewinkel, Leiter der Filiale Peckelsheim der Volksbank Höxter, über Solidarität in der ländlichen Region und warum persönliche wie digitale Nähe auch in Zeiten des Abstands so wichtig und wertvoll ist.

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„Altenbeken war schon immer schön. Da ist die Welt noch in Ordnung“, schwärmt Claudia Hoffmeister. Seit dem 1. März 2020 leitet sie die Volksbank-Filiale vor Ort. Stolz erzählt sie, dass Altenbeken die kleinste ICE-Haltestelle Deutschlands mit einer Direktanbindung nach München ist. „Wir sind hier in der Region der Knotenpunkt zur Welt. Und Altenbeken hat die größte Musikerdichte im Kreis Paderborn“, lacht die 51-Jährige.

Das siebenköpfige Filialteam Altenbeken ist Heimat- und Hausbank für rund 6.300 Kunden. 3.400 davon sind Mitglied der VerbundVolksbank OWL und dem Institut damit in besonderer Weise verbunden. Zum Einzugsgebiet der Filiale gehören über Altenbeken hinaus Buke, Schwaney, Horn, Bad Driburg und Veldrom. In der Eisenbahnerstadt, die für ihr Viadukt weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt ist, zählt noch das Prinzip „Jeder hilft jedem“. „Das persönliche Miteinander ist hier ganz wichtig. Die Menschen sind offen, suchen den Kontakt und die Gemeinschaft. Partnerschaftlichkeit und Vertrauen werden hier gelebt. Und das alles wird auch von uns erwartet“, erzählt Hoffmeister.

Claudia Hoffmeister
Claudia Hoffmeister

„Altenbeken ist eine absolut starke Gemeinschaft. Hier hilft einfach jeder jedem.“ 

„Für alle erreichbar, so nah es geht“

Die Kunden der Filiale Altenbeken legen großen Wert auf Vertrauen und kurze Wege zu ihrer Volksbank und auf den persönlichen Austausch. „Die Kunden suchen den persönlichen Kontakt, sie brauchen die emotionale Verbundenheit, die Menschen in der Bank. Viele wollen einfach mit einem Menschen reden. Das Zwischenmenschliche spielt hier eine ganz große Rolle. Das unterscheidet uns von Direktbanken“, erklärt die Leiterin. Aufgrund von Corona sei vieles davon jedoch nicht mehr selbstverständlich. „Es ist anders als sonst. Die Distanz macht allen zu schaffen. Die Kunden wollen den Kontakt zur Filiale erhalten, einfach mal vorbeikommen. Doch spontane Termine sind nicht mehr machbar. Aber wir sind für alle erreichbar, so nah es geht“, sagt Hoffmeister.

„Die Unbefangenheit ist weg“

Gerade in den Lockdown-Zeiten haben Hoffmeister und ihr Team viel telefoniert und Online-Beratungen angeboten. So unterstützt die Altenbekener Filiale ihre Kunden zum Beispiel bei der Kontoführung, ruft sie an und bietet aktiv Hilfe bei der Umstellung auf das Online-Banking. Auch Wertpapierberatungen finden am Telefon oder online statt. „Älteren Menschen haben wir gezeigt, wie sie den Geldautomaten bedienen. Gewerbliche Kunden haben wir auf Bezahlsysteme angesprochen und alternative Wege für Bargeldeinzahlungen aufgezeigt. Hier gehen wir mit unseren digitalen Angeboten klar nach vorne. Und dabei gibt es auch keine Berührungsängste. Und was nicht online oder telefonisch geht, wird eben persönlich gemacht“, sagt Hoffmeister. Im Corona-Jahr 2020 seien die Kunden mit den gleichen Themen in die Volksbank gekommen wie vor der Pandemie. Nur die Unbefangenheit sei weg.

„Wir halten zusammen“

Das „Anders als sonst“ gilt auch für das Filialteam: Abstandsregeln, Beratung nur mit Maske und Trennscheibe, Hygienekonzept, Lüften – all das hat Corona
mit sich gebracht. „Wir sitzen allein im Büro, wir essen allein, Meetings finden nur als Telefonkonferenz statt. Dadurch ist der Kontakt untereinander sehr eingeschränkt“, beklagt Hoffmeister und bleibt trotzdem zuversichtlich. „So eine Pandemie schafft man nur zusammen. Und wir halten zusammen“, lobt sie ihr Team. So sei es auch selbstverständlich, dass das Filialteam einmal in der Woche in das Testzentrum in der Eggeland-Halle gehe, um Vorbild für den Ort und damit
solidarisch zu sein.

„Jeder hilft jedem“

Solidarität erlebt Claudia Hoffmeister in Altenbeken an vielen Stellen. So versuchten zum Beispiel die Vereine, auch ohne Feste digital für die Menschen da zu sein. Genauso sei es selbstverständlich, dass die Menschen weiterhin ihre Vereinsbeiträge bezahlten. Hilfe organisieren die Vereine vor allem auch für Ältere, zum Beispiel, indem sie die Fahrt zum Impftermin möglich machen. Aber auch Menschen in Quarantäne werden unterstützt. So haben zum Beispiel die Läden einen Bringservice eingerichtet. „Altenbeken ist eine absolut starke Gemeinschaft. Hier hilft einfach jeder jedem“, sagt Hoffmeister und genau dieses „Musketier-Prinzip“ macht für sie Solidarität aus.

Michael Hanewinkel

„Die Kunden sind froh, dass wir als Volksbank alles Mögliche versuchen, um mit ihnen in Kontakt zu bleiben.“

Michael Hanewinkel

Niesen, Fölsen, Engar …

Knapp 30 Kilometer entfernt von Altenbeken liegt die Volksbank-Filiale Peckelsheim im Kreis Höxter. Michael Hanewinkel betreut dort mit seinem Team mehr als 4.600 Kunden, die Hälfte von ihnen ist über eine Mitgliedschaft an der VerbundVolksbank OWL beteiligt. Die Region, um die sich Hanewinkel mit seinem Team kümmert, umfasst das Stadtgebiet von Willebadessen und reicht bis nach Nordhessen hinein. Viele kleine Satelliten-Dörfer, wie Hanewinkel sie nennt, gehören dazu – Orte mit Namen wie Niesen, Fölsen, Borlinghausen, Engar und so weiter. „Unsere Volksbank ist hier der Platzhirsch, denn wir waren die erste Bank vor Ort“, sagt Hanewinkel, der ganz in der Nähe in Gehrden lebt. Neben seiner Arbeit in der Bank ist der 45-Jährige Hobby-Landwirt und seit 2018 sogar Biolandwirt. Da es in Peckelsheim viele Landwirte gibt, hilft ihm sein Nebenerwerb oft in der Bank weiter: „Ich kann einfach bei vielen Themen, die die Landwirte bewegen, mitreden.“

 

„Ein Mann, ein Wort“

Alle zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Filiale Peckelsheim wohnen im Kreis Höxter. Der weiteste Anfahrtsweg misst 15 Kilometer. Eine Entfernung, die garantiert, dass man den Menschenschlag im Einzugsgebiet kennt. In Peckelsheim gelte noch das Prinzip „Ein Mann, ein Wort“. „Die Menschen legen großen Wert darauf, dass Absprachen eingehalten werden. Sie sind offen und zuverlässig. Man läuft sich regelmäßig über den Weg, beim Schützenfest, beim Karneval. Und auch die private Handynummer wird gerne mal genutzt. Kunden haben auch schon bei mir zu Hause auf dem Festnetz angerufen, als der Geldautomat außer Betrieb war. Das empfinde ich als Vertrauensbeweis, wenn die Menschen sich an mich wenden“, berichtet Hanewinkel.

 

„Kunden sind froh“

Die vorübergehend geschlossenen Türen während des Lockdowns seien für alle ein einschneidendes Erlebnis gewesen. „Die Kunden haben angerufen und an die Tür geklopft“, erinnert sich der Filialleiter. „Wir haben dann überlegt, wie wir den Kunden helfen können.“ Den Selbstbedienungsautomaten mit zwei Meter Abstand zu erklären, sei eine von vielen Herausforderungen dabei gewesen. Auch das Peckelsheimer Filialteam führt viele Gespräche mit den Kunden telefonisch. Und wenn die Kunden technisch fit seien, komme auch oft die Webcam oder ein Programm zum Teilen des Bildschirms zum Einsatz. „Die Kunden sind froh, dass wir als Volksbank alles Mögliche versuchen, um mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Telefon- und Online-Beratungen sind mittlerweile Standard geworden, auch zu komplexeren Themen wie der Finanzierung eines Eigenheims oder der Geldanlage in Wertpapieren“, sagt Hanewinkel. Jedoch fehle noch bei vielen Kunden das Wissen darüber, dass ihre Peckelsheimer Volksbank auch eine Menge nützlicher Online-Services biete, zum Beispiel, dass man ein Überweisungslimit selbst am PC zu Hause ändern kann. „Da hilft nur ständiges Informieren“, sagt Hanewinkel.

 

„Auf den anderen achtgeben“

Keine gemeinsame Mittagspause mehr in der Küche, nicht mehr zusammen lachen, Eis essen nur im großen Kreis mit Sichtkontakt, Teambesprechung im großen Sitzungssaal, der eigentlich Platz für 80 Personen bietet, kein Filialausflug, kein Besuch der Schulmensa immer donnerstags – auch das Team der Filiale Peckelsheim muss mit den Einschränkungen leben. „Das Zwischenmenschliche leidet sehr“, sagt Hanewinkel. Deshalb sei im Moment sehr viel Feingefühl im Miteinander gefordert. Solidarität bedeutet für ihn, dass jeder auf den anderen achtgibt. Und dass man anderen hilft – beruflich und privat. Gegenseitiges Geben und Nehmen sei Standard in seiner Filiale. „Meine Tür ist immer offen, auch wenn der Schreibtisch voll ist.“