Krisenhilfe auf eigene Faust

Die Detmolder Wortmann-Gruppe hat in der Corona-Krise kurzerhand ein einzigartiges Unterstützungspaket für ihre Kunden geschnürt – auf eigene Rechnung. Damit beweist der Schuhspezialist, wie wichtig ihm Partnerschaft und Solidarität sind.

Dr. Tobias Seng, CFO, und Jens Beining (CEO) der Wortmann-Gruppe
Dr. Tobias Seng, Chief Financial Officer (CFO), und Jens Beining, Chief Executive Officer (CEO)

2020 war ein schwarzes Jahr für den Einzelhandel. Monatelang blieben die Geschäfte geschlossen – und in den wenigen Wochen, in denen die Menschen einkaufen gehen durften, ließen Abstandsregeln und Personenbeschränkungen die Frequenzen in den Shoppingstraßen auf ein Minimum sinken. Auch in diesem Jahr sieht es nicht besser aus. Die Folge: Der Handel befindet sich in einer existenziellen Krise und auch die Industrie steht vor nie dagewesenen Herausforderungen.

Auch die Wortmann-Gruppe, Schuhproduzent und -Vertriebler mit Sitz in Detmold, ist stark betroffen. Das Unternehmen produziert und vertreibt neben der Topmarke Tamaris die Marken Marco Tozzi, Caprice, Jana und s.Oliver shoes und beliefert zahlreiche Schuhhändler europaweit. „Der Handel ist die Basis unseres Geschäfts“, sagt CEO Jens Beining, Neffe des Unternehmensgründers Horst Wortmann. Deshalb hat Wortmann im vergangenen Frühjahr seine eigene Krisenhilfe auf die Beine gestellt. Die Detmolder suchten zu Beginn der Corona-Pandemie das Gespräch mit dem Handel, um sich ein klares Bild über die Situation zu machen. Schnell stand fest: „Wir wollten unsere Kunden in dieser speziellen Situation bestmöglich unterstützen“, so Beining.

Wortmann schnürte kurzerhand ein „Corona-Unterstützungspaket“. Darin unter anderem enthalten: Rabatte, kostenloser Lagerservice und flexiblere Zahlungskonditionen. So mietete Wortmann 20.000 Quadratmeter zusätzliche Lagerfläche in Horn-Bad Meinberg und Herford an und lagerte dort zwei Millionen Paar Schuhe ein, die eigentlich an die Kunden ausgeliefert werden sollten – auf eigene Kosten. Auch den Tamaris-Onlineshop stellte Wortmann zugunsten seiner Kunden um: Der Schuhproduzent halbierte die Gebühren für die Abwicklung und leitete mehr Aufträge an den stationären Handel weiter.

„Wir wollen dazu beitragen, dass es nach der Krise noch Schuh- und Modegeschäfte in den ostwestfälischen Innenstädten gibt.“

Jens Beining

Mit diesen Maßnahmen wollte Wortmann die Liquidität und Ertragslage seiner Kunden verbessern. Außergewöhnliche Situationen erfordern nun einmal außergewöhnliche Maßnahmen, da ist sich Beining sicher. „Wir möchten stets und insbesondere in Krisenzeiten niemanden mit Problemen allein lassen, sondern zu einer tragfähigen Lösung für alle beitragen“, sagt der Firmenchef. „Es ist uns ein großes Anliegen, die Zukunft mit unseren langjährigen Kunden aktiv zu gestalten und zu unterstützen, wo wir nur können.“

Diese Einstellung hat Wortmann nicht erst seit der Corona-Krise. Vielmehr fährt das Unternehmen seit langem auf Weitsicht: „Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten sehr ‚lippisch‘ gewirtschaftet und jeden Euro wieder in das Unternehmen investiert“, sagt Beining. Das kommt nun den Kunden zugute, die Wortmann in diesen schwierigen Zeiten unterstützt. Das hinterlässt allerdings auch Spuren in der Bilanz des Schuhspezialisten: Die Corona-Unterstützung kostete Wortmann einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Allein der Zehn-Prozent-Rabatt auf neue Ware entsprach 25 Millionen Euro. Und durch die neuen Zahlungsziele nahm Wortmann etwa 75 Prozent des Jahresumsatzes erst 30 Tage später ein als geplant.

Für Beining ist aber klar: Investitionen in Partnerschaften sind alternativlos. „Wortmann ist ein Familienunternehmen und bei uns wird Solidarität dementsprechend hoch angesiedelt“, sagt er. Dazu gehöre es eben auch, mit der ganzen Region solidarisch zu sein und Arbeitsplätze zu sichern. „Wir wollen dazu beitragen, dass es nach der Krise noch Schuh- und Modegeschäfte in den ostwestfälischen Innenstädten gibt.“ Als Unternehmenskunde der VerbundVolksbank OWL ist Beining auch stolz auf seine Bank: „Sie ist ein Paradebeispiel von Solidarität als Genossenschaft. Mit viel Engagement und regionaler Verbundenheit wird sich hier für die Gemeinschaft eingesetzt. Sie ist ein starker Partner für starke Unternehmen in einer starken Region.“

Beining sieht allerdings nicht nur Industrie und Handel in der Pflicht, sondern alle. „Unsere Gesellschaft lebt von der Solidarität ihrer Mitglieder. Es wird also nicht gefragt, was jeder Einzelne von einer Handlung hat, sondern was man zum Gelingen des Ganzen beitragen kann“, sagt er. Solidarität bedeutet für ihn Zusammengehörigkeit und das gegenseitige Einstehen in einer Gemeinschaft – und die Wortmann-Gruppe geht mit gutem Beispiel voran.

Wortmann-Gruppe
Wortmann-Gruppe